Newsletter der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Jülicher Stadtrat (November 2023)

Dieser Newsletter erscheint nach jeder Sitzungsrunde der Ausschüsse und des Rates, also sechs- bis siebenmal im Jahr. Er soll kurz und kompakt die für die Fraktion der Grünen wichtigsten diskutierten bzw. beschlossenen Themen darstellen. Wir wollen damit mehr Informationen bereitstellen, als den Medien zu entnehmen sind, und vor allem zur Transparenz von Beschlüssen beitragen. Wenn du/Sie den Newsletter nicht erhalten möchtest/möchten, genügt eine kurze E-Mail an die Versandadresse.

„Schwanenquartier“: Bedenken ohne Konsequenzen
Die Rekordzahl von 124 Bürgerinnen und Bürger hat im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zum Teil außergewöhnlich gut begründete Einwendungen gegen den geplanten 26,4 Meter hohen Gebäudekomplex mit Dorint-Hotel, Seniorenresidenz und Lebensmittelvollsortimenter am Schwanenteich erhoben. Auch Straßen NRW, als Straßenbaulastträger zuständig für die Verkehrsführung auf der Bahnhofstraße, die eine Landesstraße ist, rechnet mit „ständigen Verkehrsstörungen“.
Trotz dieses breiten Widerstands und aller Bedenken auch in den Reihen der CDU wurde bei der Sitzung des Stadtrats am 26. Oktober beschlossen, dass der Bebauungsplan zum sogenannten Schwanenquartier öffentlich ausgelegt wird. Dafür haben sich die Fraktionen von CDU, JÜL und FDP ausgesprochen, dagegen die SPD und die Grünen und ein Stadtverordneter aus der CDU. Nun folgt nach der öffentlichen Bekanntmachung der Offenlage die eigentliche Öffentlichkeitsbeteiligung, bevor dann im Frühjahr der eigentliche Satzungsbeschluss gefasst werden soll.
Die Fraktion der Grünen hat mit einem Änderungsantrag in der eigens zusätzlich angesetzten Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses (PUB) vom 24. Oktober versucht, das Vorhaben auf ein einigermaßen akzeptables Maß zu stutzen. Bislang ist ein bis zu 7‑geschossiges Gebäude mit Tiefgarage geplant, das über einen Kreisverkehr auf der Bahnhofstraße angebunden werden soll. Der zu bebauende Bereich erstreckt sich über den der jetzigen Sparkasse, des Kaiserhofs und des angrenzenden Parkplatzes.
Der Antrag sah eine Beschränkung auf den Bereich der Sparkasse und des Kaiserhofes, eine maximal 4‑geschossige Bebauung, den Erhalt der größeren Bäume, eine Nutzung als Sparkasse und Hotel und den Wegfall des Kreisverkehrs vor. Im PUB wurde die Offenlage mit 12:8 Stimmen beschlossen. Für den Antrag der Grünen stimmten auch zwei Personen aus der SPD und Helmut Hoen von der CDU.
Auf die zahlreichen eingegangenen Einwendungen (zu finden in Anlage 2 und 3 hier: https://ratsinfo.juelich.de/vorgang/?__=UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZeyHv1CNs2o4GUuKfVO7I_0) wurde bei den Diskussionen wenig bis gar nicht eingegangen. Weder die nicht belastbare Verkehrszählung während der Sperrung der Rurbrücke und die darauf aufbauende schalltechnische Untersuchung, die ergab, dass die Lärmbelastung ohnehin schon zu hoch ist, noch die Stellungnahme von Straßen NRW, dass mit ständigen Verkehrsstörungen zu rechnen ist und die Lage des Kreisverkehrs „ein großes Risiko für die Verkehrssicherheit darstellt“, noch die Kritik an den Schlussfolgerungen der Auswirkungsanalyse des Vollsortimenters, noch das Argument, dass die geplante Bebauung überdimensioniert ist und sich nicht in die Umgebung am Schwanenteich einfügt, konnte die Fraktionen von CDU und JÜL zum Einlenken bewegen.
Hauptargument war, dass sich kein anderer Investor für das Hotel, das von allen Fraktionen befürwortet wird, finden würde und dass der Plan, ein höherwertiges Hotel in Jülich zu etablieren, schon mehrmals gescheitert sei. Die Chancen es nun zu realisieren, wären allerdings aus Sicht der Grünen besser gewesen, wenn man die Einwendungen ernst genommen hätte, statt strikt den Wünschen des Investors zu folgen. Insbesondere der geplante Kreisverkehr, der auf der Bahnhofstraße gebaut werden soll, kann das ganze Vorhaben noch zum Scheitern bringen. Dazu hieß es seitens der Verwaltung nur lapidar, dass die Planung bis zum Satzungsbeschluss mit Straßen NRW abgestimmt wird. Auch ist nach dem Umgang mit den Einwendungen zu erwarten, dass die betroffenen Anwohner:innen klagen werden.
Zuvor wird es aber voraussichtlich im November die von der SPD beantragte öffentliche Informationsveranstaltung zu den Plänen des Investors geben. Mit Spannung darf erwartet werden, ob die zugesagte Visualisierung des Vorhabens in seiner Umgebung, d. h. mit der Höhe der umliegenden Gebäude, noch vorgelegt wird. Der Hoteltrakt soll nach den vorgelegten Plänen zwei Geschosse höher sein als der jetzige Turm der Sparkasse.

Schlossplatz: größere Veranstaltungsfläche statt grüner Oase
Gegen die Stimmen der Grünen haben die anderen Fraktionen eine neue reduzierte Planung zur Umgestaltung des Schlossplatzes beschlossen. Diese sieht von den ursprünglich vorgesehenen Maßnahmen nun nur noch eine bis zur Zitadelle erweiterte Veranstaltungsfläche und eine Toilettenanlage vor. Alle anderen Maßnahmen werden verschoben.
Aufgrund von Kostensteigerungen im Bau bei der Umgestaltung des Marktplatzes werden die für den Schlossplatz bereits bewilligten Fördermittel dorthin verschoben, was die Reduzierung der geplanten Maßnahmen auf dem Schlossplatz notwendig macht. Kritisiert wurde von den Grünen in erster Linie die dazu nun vom Planungsbüro MWM vorgelegte Neuplanung, weil die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Schlossplatz ergeben hatte, dass eine Veranstaltungsfläche überwiegend abgelehnt wurde. Statt der gewünschten grünen Oase und des Parkcharakters wird der Bereich der Veranstaltungsfläche nun sogar ausgeweitet und endgültig asphaltiert. Weitere Punkte, die die Grünen kritisch sehen, ist die fehlende Berücksichtigung des Radverkehrs und der Barrierefreiheit, die nicht vorgesehene Neugestaltung der Wege und die zur Zitadelle hin ausgerichtete Freitreppe. Der Nutzen einer Treppe mit Blick auf eine Mauer erschließt sich uns nicht.

OGS: Schulen brauchen mehr Räume und Unterstützung
Im Ausschuss für Jugend, Familie, Integration, Soziales, Schule und Sport (JuFISSS) haben am 14. September Vertreter:innen der Schulleitungen und Elternschaften der Jülicher Grundschulen die Herausforderungen im Hinblick auf den Rechtsanspruch auf einen Platz in der Offenen Ganztagsschule (OGS) ab 2026 dargestellt.
Zentrale Forderungen waren mehr Personal und die Unterstützung durch eine Innenarchitektin/einen Innenarchitekten mit pädagogischer Kompetenz, um die Umgestaltung der Gebäude und der Außenanlagen planen zu können. Räume müssten multifunktional und Flächen optimal genutzt werden können. Für die individuelle Förderung müssten kleinere Räume in ausreichender Anzahl geschaffen werden, die dann nachmittags mit wenigen Kindern zum Lernen oder Spielen genutzt werden könnten. Wichtig seien auch geeignetes Mobiliar für die Umwandlung von Klassenräumen für eine Ganztagsnutzung und Rückzugsmöglichkeiten sowie Arbeitsplätze für das zunehmende Personal. Auf die Frage nach einem Konzept bezüglich der fehlenden Räumlichkeiten verwies die Verwaltung lediglich auf die geplanten Aufstockungen der GGS Nord und Süd.
Außerdem wünschen sich die Schulen einen runden Tisch, an dem Politik, Verwaltung, Jugendamt- und Jugendhilfeträger mit den Schulen kooperieren, damit für die Kinder „eine lebens- und liebenswerte ganztägige inklusive Bildungseinrichtung entstehen kann“. Die Stadt will die Fraktionen nun zu regelmäßigen Gesprächen zwischen Verwaltung und Schulen einladen.

Sondersitzung des Integrationsrats
Die Mitglieder des Integrationsrates haben bei einer Sondersitzung, die am 25. Oktober auf Antrag von einem Fünftel der Mitglieder einberufen wurde, einstimmig eine Änderung der Geschäftsordnung beschlossen. Mit der Änderung wird eine Abwahl des Vorsitzenden ermöglicht, der die letzten beiden Sitzungen nicht einberufen hatte. Es laufen aber weiterhin Gespräche, um zu klären, in welcher Weise die Arbeit des Integrationsrates am besten fortgesetzt werden kann.

Beteiligung zur Lärmaktionsplanung
Die hohe Lärmbelastung an großen Straßen in Jülich ist in letzter Zeit bei zwei Bebauungsplan-Verfahren offenkundig geworden. Zum einen ergab die schalltechnische Untersuchung im Rahmen des Bauvorhabens an der Wiesenstraße, dass dort in den Gärten bereits jetzt eine Geräuschbelastung besteht, bei denen ein dauerhafter Aufenthalt in den Außenwohnbereichen nicht mehr zu empfehlen ist. Nach einem Gerichtsurteil ist ein Dauerschallpegel bis zu 62 dB(A) hinnehmbar. Die Werte liegen aber bereits jetzt zwischen 67 und 70 dB(A).
Zum anderen wird in der schalltechnischen Untersuchung zum Bebauungsplan „Schwanenquartier“ ebenfalls festgestellt, dass die städtebaulichen Orientierungswerte der DIN 18005-1 für Verkehr dort überschritten werden. An der Großen Rurstraße wird an einigen Fassaden auch die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts bereits jetzt überschritten.
Nun ist die Stadt Jülich unabhängig von diesen Verfahren laut einem Bericht in der PUB-Sitzung vom 20. September aufgrund von EU-Vorgaben verpflichtet, einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Vom 23. Oktober bis 10. November gibt es dazu eine erste Beteiligung im Rahmen eines zweistufigen Bürgerbeteiligungsprozesses. In diesem Rahmen kann sich jede Person auf dem Online-Beteiligungsportal des Landes NRW unter folgendem Link beteiligen: https://beteiligung.nrw.de/portal/juelich/beteiligung/themen/1004511
Allerdings betrifft der Lärmaktionsplan nur Straßen mit einem Verkehrsaufkommen von über drei Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr. Innerhalb des Stadtgebiets trifft dies auf die Straßenabschnitte der B 56, der L 136, der L 253 und L 264 sowie der A 44 zu. Zum Beispiel die sehr stark lärmbelastete Wiesenstraße und auch die Bahnhofstraße werden somit nicht erfasst. Die Lärmaktionsplanung dient dazu, Lärmauswirkungen zu verringern, und dadurch den Umgebungslärm, insbesondere dort, wo gesundheitliche oder belästigende Auswirkungen vorliegen, zu reduzieren. Dazu sollen Maßnahmenvorschläge entwickelt werden.

Fortschritte bei Mobilitätsthemen in Jülich Fehlanzeige
Die von der Zuckerfabrik kürzlich für den Fuß- und Radverkehr gesperrte Rübenstraße ist eine reine Privatstraße und Wegerechte der Stadt Jülich bestehen nicht. Dies ist zumindest die Sichtweise der Stadtverwaltung. Die städtische Mobilitätsmanagerin, Claudia Tonić-Cober, beantwortete in einer E-Mail an die Fraktionen, die bislang entgegen einer Zusage noch nicht öffentlich im Ratsinformationssystem eingestellt wurde, entsprechende Fragen, die im August im Ausschuss für Kultur, Dorf- und Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung (KDSW) gestellt worden waren. Das Thema soll in der nächsten Sitzung des KDSW erneut auf der Tagesordnung stehen.
Die Rübenstraße sei eine reine Privatstraße, welche allein im Eigentum von Pfeifer und Langen stehe und nur von ihnen genutzt werde, heißt es in der E-Mail. Die Voraussetzungen für eine Widmung als öffentliche Straße lägen nicht vor. Wege- oder Nutzungsrechte kraft Gewohnheitsrechts lägen ebenfalls nicht vor. Auf die Frage nach einer Haftung im Fall einer öffentlichen Widmung antwortete die Mobilitätsmanagerin lediglich, dass eine solche nicht vorgesehen sei.
Auf die Frage, wie lange diese Achse bereits als Radstrecke genutzt werde, bezog sich die Verwaltung auf einen Vertrag aus dem Jahr 1987 zwischen der Stadt Jülich, Rheinbraun und der Zuckerfabrik, dessen Inhalt u. a. die Anlage der Rübenstraße war. Seit wann genau die Rübenstraße von Radfahrenden als Verkehrsweg genutzt werde, sei nicht zu ermitteln. Zwei Stadtverordnete der Grünen haben daraufhin Einsichtnahme in den Vertrag beantragt. Aus den uns vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass Regelungen zum öffentlichen Fuß- und Radverkehr damals kein Thema waren.
Neben Anträgen können Fraktionen in den Ausschüssen und im Stadtrat auch Anfragen stellen. Das hat die Fraktion der Grünen zu Mobilitätsthemen im Ausschuss KDSW getan, um den aktuellen Stand bei anderen angekündigten oder geplanten Maßnahmen zu erfahren. Die Antworten auf unsere Fragen fielen ausgesprochen unbefriedigend aus. Fast überall verweist Frau Tonić-Cober auf die Zuständigkeit des Straßenbaulastträgers Straßen NRW. Eine Auflistung der Kleinstmaßnahmen sei mangels Zeit und Personal nicht möglich. Die Anfrage samt Antworten ist hier zu finden: https://ratsinfo.juelich.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZRpnBEcE8IZyNU8n-oWKlBViBkUo4s-yP9Tcl2swfhsQ/Anfrage_240-2023.pdf

Düsterer Finanzbericht
Die Verwaltung hat in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) ihren quartalsweisen Finanzbericht vorgelegt, der für das nächste Jahr düstere Zahlen prognostiziert. Stand jetzt fehlen ca. 9 Mio. € für einen ausgeglichenen Haushalt. Das liegt an den hohen Liquiditätskrediten der Stadt Jülich (knapp 118 Mio. €), für die die Zinsaufwendungen gegenüber 2023 um rund 2,5 Mio. € steigen werden. Die allgemeine Kreisumlage und die Jugendamtsumlage steigen um 4,9 Mio. €. Wegen der Tarifabschlüsse wird bei den Personalaufwendungen mit einem Anstieg um mindestens 1 Mio. € gerechnet. Außerdem läuft die sogenannte Isolierung der corona- und ukrainekriegsbedingten Mehraufwendungen aus, die in den letzten Jahren beim Haushaltsausgleich nicht mitgerechnet wurden.
Der Haushalt soll daher vom Kämmerer zunächst in der vagen Hoffnung auf Hilfen des Landes nicht eingebracht werden. Kommen solche Hilfen nicht, droht der Stadt erneut ein Haushaltssicherungskonzept, bei dem viele freiwillige Ausgaben gestrichen werden müssen.