Newsletter der Fraktion von BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN im Jülicher Stadtrat (Oktober 2025)

Dieser Newsletter erscheint nach jeder Sitzungsrunde der Ausschüsse und des Rates, also sechs- bis siebenmal im Jahr. Er soll kurz und kompakt die für die Fraktion der GRÜNEN wichtigsten diskutierten bzw. beschlossenen Themen darstellen. Wir wollen damit mehr Informationen bereitstellen, als den Medien zu entnehmen sind, und vor allem zur Transparenz von Beschlüssen beitragen.

Mehrheit im Stadtrat beschließt Bebauungsplan „Am Schwanenteich“ – aus Sicht der GRÜNEN ein politisches Armutszeugnis

In der Stadtratssitzung am 9. September wurde mit den Stimmen von CDU, JÜL und dem fraktionslosen FDP-Stadtverordneten sowie des Bürgermeisters der Bebauungsplan „Am Schwanenteich“ beschlossen. Dieser erlaubt den Bau eines über 20 Meter hohen Komplexes aus Hotel, Seniorenheim und Supermarkt an der Bahnhofstraße. Eine inhaltliche Begründung für ihre Zustimmung blieben die Befürworter:innen jedoch weitgehend schuldig.

Dabei gab es in den zahlreichen eingegangenen Einwänden sehr fundiert vorgebrachte Bedenken. Kritisiert wurden unter anderem die massive Dimension des Bauvorhabens – der Gebäudekomplex wird sich von der Großen Rurstraße bis zur Dr.-Weyer-Straße erstrecken –, der Kreisverkehr an der Dr.-Weyer-Str./Bahnhofstr., das Fehlen von Radwegen, der Verlust von Bäumen und Parkplätzen sowie die zu erwartende zusätzliche Hitzebelastung in einem bereits stark aufgeheizten innerstädtischen Bereich. In der schriftlichen Abwägung der Verwaltung wurden diese Bedenken aus Sicht der GRÜNEN nur unzureichend berücksichtigt.

Besonders kritisch sehen wir die Tatsache, dass der Stadtrat den Beschluss ohne vorherige Beratung im zuständigen Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss (PUB) gefasst hat. Auch wenn dieses Vorgehen formal zulässig ist, halten wir es für ein Projekt dieser Größenordnung für völlig unangemessen. Die GRÜNEN haben daher mit Unterstützung der SPD beantragt, den Tagesordnungspunkt abzusetzen – auch, weil wichtige Unterlagen zur Verkehrsführung noch immer fehlten, was von CDU, JÜL und dem fraktionslosen Stadtverordneten jedoch abgelehnt wurde.

Die Verwaltung selbst scheint rechtliche Auseinandersetzungen nicht auszuschließen: Der nicht öffentliche Teil der Sitzung wurde vorgezogen und dort zunächst ein städtebaulicher Vertrag mit Unterstützung eines Rechtsanwalts beraten. Die zahlreich erschienenen Zuschauer:innen mussten dafür den Saal verlassen.

Im anschließenden öffentlichen Teil brachte die Fraktion der GRÜNEN zahlreiche teils ungeklärte Fragen zur Sprache: Warum werden die Vorgaben des Investors einfach akzeptiert? Warum fehlen Radwege und Angaben zur Barrierefreiheit? Wie soll der Kreisverkehr umgesetzt werden? Wie tragfähig ist das Projekt wirtschaftlich überhaupt? Weshalb müssen die Empfehlungen des Sicherheitsaudits von Straßen NRW nicht vollständig umgesetzt werden? Warum ignoriert man die Kritik des Landschaftsverbands Rheinland, der das Vorhaben als nicht mit dem Maßstab der historischen Stadtanlage vereinbar bewertet? Und was ist mit den Zweifeln der Industrie- und Handelskammer (IHK) an der angenommenen Belebung der Innenstadt?

Diese und viele weitere Punkte wurden von unserer Fraktion angesprochen – doch eine sachliche Auseinandersetzung mit den Argumenten blieb aus. Statt inhaltlicher Erwiderung herrschte auf Seiten der anderen Fraktionen weitgehend Schweigen. Lediglich der JÜL-Fraktionsvorsitzende Heinz Frey äußerte sich und verwies darauf, dass Menschen in der Innenstadt, die gegenwärtig mit dem Auto zum Einkaufen fahren, künftig in der Innenstadt ihre Einkäufe erledigen könnten und dass ein Hotel Umsatz und Belebung bringen würde – als ob dies in Frage gestellt worden wäre. Tatsächlich wurde der Bau eines Hotels von niemandem grundsätzlich abgelehnt.

Die mangelnde inhaltliche Auseinandersetzung mit den gut begründeten Einwänden, die Missachtung der Beratungsfolge und das Übergehen fachlicher Kritik werten wir als politisches Armutszeugnis.

Immer mehr Einbahnstraßen werden für den Radverkehr geöffnet

Die Freigabe von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung ist eine einfache und kostengünstige Maßnahme, um das Radfahren in der Stadt sicherer und attraktiver zu machen. Seit vier Jahren setzen sich die GRÜNEN dafür ein. Nun sollen laut einer Mitteilung der Verwaltung im PUB fünf weitere Einbahnstraßen für Radfahrende geöffnet werden: die Herzogin-Jakobe-Straße, Gartenstraße, Gerberstraße, Bocksgasse und Am Schützenhof.

Vorausgegangen war ein erneuter Vorstoß der grünen Fraktion, die Anmerkungen zu Straßen eingereicht hatte, deren Freigabe die Verwaltung zunächst abgelehnt hatte.

Die systematische Überprüfung, ob Einbahnstraßen auch für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet werden können, geht auf einen Antrag der GRÜNEN aus dem Herbst 2021 zurück. Nach einer Bearbeitungszeit von zweieinhalb Jahren waren zunächst lediglich neun Einbahnstraßen freigegeben worden.

Ein Beispiel: Die Freigabe der Gartenstraße war zunächst abgelehnt worden mit dem Hinweis, die vorgeschriebene Begegnungsbreite sei nicht gegeben und parkende Fahrzeuge würden ein Ausweichen für Radfahrende unmöglich machen. Nun heißt es jedoch: „Aufgrund der Breite der Verkehrsfläche und der bestehenden Verkehrsbelastung sind keine zwingenden Gründe erkennbar, die gegen eine Freigabe sprechen.“

Grünzug im Königskamp soll Halle weichen

Gegen die Stimmen von GRÜNEN und SPD hat der PUB in seiner Sitzung am 25. September beschlossen, die Änderung des Bebauungsplans „Königskamp II“ im Internet zu veröffentlichen und die Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Hintergrund ist der Wunsch eines Gewerbebetriebs an der Helmholzstraße, der den dort verlaufenden Grünzug – gleichzeitig Ausgleichsfläche und Versickerungsbereich – mit einer Halle bebauen möchte.

Die Grünflächen im Gewerbegebiet Königskamp waren ein zentraler Bestandteil der ursprünglichen städtebaulichen Planung. Sie dienen nicht nur als Versickerungsflächen, sondern auch als ökologischer Ausgleich für den städtebaulichen Eingriff. In den begrünten Flächen verlaufen eigens angelegte Gräben zur Regenwasserableitung.

Einer der Einwender des laufenden Verfahrens weist darauf hin, dass mit dem durchgehenden Grüngürtel ein einzigartiges Gewerbegebiet geschaffen worden sei, das Natur und Gewerbe miteinander verbinde. Die einstigen Absichten im Rahmen des vorherigen Bebauungsplanes würden auf diese Weise schlicht konterkariert, so seine Kritik.

Heckfeldbrücke: Neubau-Beschluss gerät ins Wanken

Der im vergangenen November gefasste Beschluss zum Neubau der Heckfeldbrücke steht offenbar erneut zur Debatte. CDU und JÜL scheinen diesen nun in Frage stellen zu wollen – das kritisierte SPD-Fraktionsvorsitzender Harald Garding im öffentlichen Teil der Stadtratssitzung am 9. Oktober unter dem Punkt „Verschiedenes“.

Vor den Wahlen habe man dem Neubau zugestimmt, jetzt versuche man offenbar, ihn zu verhindern, so Garding. Hintergrund seiner Kritik ist, dass in der vorangegangenen Sitzung des PUB der Vergabebeschluss für die Ingenieurleistungen zum Brückenneubau im nicht öffentlichen Teil vertagt worden war.

Diskussion um Tempo 30 und hohe Lärmbelastung

Nach der Anordnung von Tempo 30 auf dem Von-Schöfer-Ring sowie auf der Brunnen-, Wiesen- und Oststraße fordern nun auch Anwohner:innen der Kölner Landstraße in Stetternich eine entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzung. In einer Anregung verweisen sie auf die erhebliche Lärmbelastung in diesem Bereich.

Die Verwaltung informierte, dass aktuell ein Gerichtsverfahren zum Von-Schöfer-Ring anhängig ist. Dabei soll grundsätzlich geklärt werden, inwieweit Bürger Anspruch auf verkehrslenkende Maßnahmen haben. In der Anregung wird die Tempo-30-Anordnung für den Von-Schöfer-Ring ausdrücklich begrüßt. Gleichzeitig wird auf Lärmerhebungen im Rahmen des Lärmaktionsplans verwiesen, die auch die Kölner Landstraße und die Römerstraße vom Ortseingang bis zur Brunnenstraße/Wiesenstraße betreffen.

Demnach sind auf der Römerstraße 32 Häuser tagsüber mit bis zu 67,6 dB(A) belastet, nachts 26 Häuser mit bis zu 57,7 dB(A). An der Kölner Landstraße sind es sogar 73 Häuser mit bis zu 71 dB(A) tagsüber und 30 Häuser mit bis zu 61,1 dB(A) in der Nacht. Aus Sicht der Anwohner:innen stellt dies eine gesundheitsgefährdende Dauerbelastung dar.

Die Verwaltung betonte in ihrer Stellungnahme jedoch, dass die Kölner Landstraße als Landesstraße unter die Zuständigkeit von Straßen.NRW falle und deshalb nicht direkt mit kommunalen Straßen wie dem Von-Schöfer-Ring vergleichbar sei. Zudem solle zunächst das Gerichtsurteil abgewartet werden. Der Ausschuss folgte dieser Einschätzung und lehnte die Anregung vorerst ab.

Die CDU erklärte, dass man das Anliegen zwar nachvollziehen könne, wies jedoch darauf hin, dass Tempo 30 kein Allheilmittel sei. Stattdessen solle man sich weiterhin für eine Erneuerung des Straßenbelags beim Landesbetrieb einsetzen. Auf Nachfrage der GRÜNEN erklärte der zuständige Dezernent Richard Schumacher, dass die Klage im Gerichtsverfahren fordere, den LKW-Verkehr auf dem betroffenen Streckenabschnitt ausschließlich für den Lieferverkehr zuzulassen.

Gleichzeitig gingen bei der Verwaltung offenbar zahlreiche Beschwerden über die neue Tempo-30-Zone auf dem Von-Schöfer-Ring und den weiteren Verlauf ein. CDU und JÜL kündigten gegenüber der Presse an, sich für eine Rücknahme der Anordnung einsetzen zu wollen. Demgegenüber melden sich bei den GRÜNEN Anwohner:innen, die die Tempo-30-Regelung begrüßen und sich eine Ausweitung auf weitere Straßen – etwa die Neusser Straße – wünschen.

Aus unserer Sicht darf eine derart hohe Lärmbelastung der Anwohnenden nicht ignoriert werden. Gleichzeitig ist es wichtig, mögliche Verlagerungen des Verkehrs genau zu analysieren. Wo Ausweichrouten entstehen, müssen bei Bedarf ebenfalls Maßnahmen ergriffen werden, um diese weniger attraktiv zu machen.

VHS-Gebäude: Nun doch umfassende Dachsanierung nötig

Wie die Verwaltung in der Sitzung des PUB am 25. September mitteilte, muss das Dach der ehemaligen Realschule – heute Standort der VHS, des Stadtarchivs und des Museums – nun doch umfassend saniert werden. Ursprünglich war lediglich eine Teilsanierung ohne Photovoltaik-Anlagen vorgesehen.

Nach Angaben des damaligen technischen Beigeordneten Martin Schulz galt das Dach als nicht ausreichend tragfähig für PV-Anlagen. Doch bei einer vollständigen Dachsanierung ist deren Installation inzwischen verpflichtend.

Im Zuge der Ausschreibungsvorbereitungen wurde festgestellt, dass die vorhandenen Fallleitungen zur Dachentwässerung marode sind. Diese müssen nun im Rahmen einer umfassenden Sanierung nach außen verlegt werden. Da das Gebäude als Archiv und Museum genutzt wird, ist außerdem eine vollständige Neuplanung der Trinkwasser- und Entwässerungssysteme notwendig – unter anderem, um die Versicherbarkeit sicherzustellen.

Friedhofssatzung geändert: Baumbestattungen künftig möglich

In Jülich können künftig auch Baumbestattungen durchgeführt werden. Die entsprechende Änderung der Friedhofssatzung wurde bereits im Sommer nach intensiver Vorarbeit und auf Empfehlung der Friedhofskommission beschlossen. In der Stadtratssitzung am 9. Oktober stimmte der Rat nun auch der dazugehörigen Gebührensatzung zu.

Laut Verwaltungsvorlage werden Baumbestattungen künftig als Urnenreihengrabstätten auf den städtischen Friedhöfen angeboten. Die Asche wird dabei in einem Grabfeld mit Rasen und Baumbewuchs beigesetzt – entweder in einem biologisch abbaubaren Behältnis oder ganz ohne Gefäß (durch Einbringung der Asche in den Boden).

Jedes Grabfeld erhält am Rand eine einheitlich gestaltete, überdachte Holzstele, an der auf Wunsch ein Namensschild (voraussichtlich aus Edelstahl) mit Vor- und Nachnamen der Verstorbenen angebracht werden kann. Die einzelnen Grabstätten haben eine Größe von 0,50 x 0,50 Metern.

Die Gebührenberechnung für die neuen Bestattungsformen ist komplex. Die Verwaltung erläuterte sie in einer zehnseitigen Sitzungsvorlage. Die vollständige Gebührensatzung, die nun auch auskömmlich ist, ist hier einsehbar: Gebührensatzung Bestattungen 2025 (PDF)

Haushaltslage erst nach der Wahl offengelegt – massive Defizite erwartet

In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) am 30. September wurde der Finanzbericht des Kämmerers vorgestellt – ein Bericht, der eigentlich bereits vor den Kommunalwahlen hätte veröffentlicht werden müssen. Daraus geht hervor: Für die Haushaltsjahre 2025 und 2026 rechnet die Stadt Jülich mit massiven Defiziten in Höhe von 6,2 Millionen Euro bzw. 12 Millionen Euro.

Solche Fehlbeträge würden normalerweise die Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts auslösen. Dass dies aktuell nicht erforderlich ist, liegt an zwei buchhalterischen Effekten: Zum einen wurde das Eigenkapital der Stadt durch die Neubewertung der Beteiligung an der Stadtwerke Jülich GmbH – im Zuge der Teilveräußerung an den Kreis Düren – um rund 6,7 Millionen Euro erhöht. Zum anderen ist eine zusätzliche Stärkung des Eigenkapitals durch die angekündigte Altschuldenübernahme des Landes NRW zu erwarten, die voraussichtlich rund 40 Millionen Euro ausmacht.

Die prognostizierten Fehlbeträge können gegen das Eigenkapital gebucht werden. Sollte sich an der Haushaltssituation nichts ändern, wird dieses Eigenkapital allerdings in kurzer Zeit aufgezehrt sein.

Neue Koordinatorin für Kommunale Entwicklungspolitik stellt sich vor

In der Sitzung des Ausschusses für Kultur, Dorf- und Stadtentwicklung, Wirtschaftsförderung (KDSW) am 18. September hat sich Hannah Lüsgen als neue Koordinatorin für Kommunale Entwicklungspolitik vorgestellt. Sie gab den Ausschussmitgliedern einen kurzen Überblick über aktuelle und geplante Projekte.

So wird der Jülicher Nachhaltigkeitsstammtisch künftig wieder regelmäßig stattfinden. Zudem wurde die Stadt Jülich inzwischen erneut als Fair-Trade-Town zertifiziert. Lüsgen verwies auch auf die Beteiligung der Stadt an der „Fairen Woche“ im September und kündigte darüber hinaus ein Demokratie-Projekt an, das derzeit in Planung ist.

Die Stelle war seit dem Weggang ihrer Vorgängerin Stephanie Reichenbach im Januar 2024 vakant.

Mit diesem Newsletter im Oktober 2025 endet auch die Fraktionsarbeit der Legislatur 2020-2025.

In der Kernfraktion waren tätig: Sebastian Steininger (Vorsitzender), Christine Klein, (stellvertretende Vorsitzende), Andreas Balsliemke, Emily Willkomm-Laufs, Jürgen Laufs und Marita Boslar.

Als sachkundige Bürger:innen haben in den Ausschüssen KDSW/PUB/JuFISSS mitgewirkt: Achim Schroeder, Dierk Simons, Susanne Schlüter, Birgit Hensel, Marion Schuldt, Martina Krämer, Bianca Frömgen und Florian Berberich.

Im Integrationsrat hat uns Christine Klein, im Seniorenbeirat Barbara Simons, im Arbeitskreis für ein inklusives Jülich Bianca Frömgen und im Umweltbeirat Marita Boslar vertreten.

Wir bedanken uns bei allen ganz herzlich für die Zusammenarbeit in der vergangenen Legislatur!