Fehlplanung darf sich nicht wiederholen!

Ihr erhaltet heute ein Update zur Situation beim Ausbau der Bahnstrecke Aachen-Düren.
Die Region kämpft schon lange um ein drittes Gleis mit zusätzlichen Haltepunkten für die Euregiobahn zwischen Düren und Langerwehe. Spätestens eine große Schienenverkehrskonferenz 2010 im Kreishaus von Düren hat dies eindrucksvoll belegt.

Eine jüngst erneuerte Brücke bei Gürzenich steht diesen Planungen nun aber im Wege, weil nicht vorausschauend geplant wurde. (Dazu berichteten wir schon in den Vorjahren.) Experten müssen nun in vertiefenden Prüfungen ermitteln, wie man mit dem Problem umgehen kann. Im Worst – Case müsste die Brücke schon weit vor Ende der üblichen Nutzungszeit in einigen Jahren wieder abgerissen werden.

Wir sehen aktuell Parallelen zu einem Vorgang in Aachen Eilendorf und befürchten da ein ähnliches Fiasko.

Mitte 2021 wurde der Politik in Aachen von der Verwaltung berichtet, dass eine 1965 erbaute Straßenbrücke, die direkt am Haltepunkt Eilendorf die Strecke Aachen-Düren überquert, neu gebaut werden muss.
(Hier die Vorlage dazu.)


Die Aachener Politik beschloss im September 2021 einstimmig, dass beim Brückenneubau die Erweiterung der Strecke auf Dreigleisigkeit berücksichtigt werden soll, außerdem wurde eine Resolution verabschiedet.
Obwohl es sich um einen sogenannten amtlich definierten „überlasteten Streckenabschnitt“ handelt, haben bisher weder das Bundesverkehrsministerium noch die DB InfraGO ausreichende Ausbaumaßnahmen für die Schiene beschlossen und auf den Weg gebracht. Im „Plan zur Erhöhung der Streckenkapazität“ findet man nichts dazu. Deshalb hat man in Aachen im Januar 2024 erneut einstimmig beschlossen, den betrieblichen Nutzen einer Dreigleisigkeit in Eilendorf gutachterlich untersuchen zu lassen.

Ein Fall wie in Düren-Gürzenich darf sich in Aachen-Eilendorf nicht wiederholen.

Es gibt einen Konsens in der Region, dass wir den Schienenwegeausbau auf der Strecke Aachen-Düren brauchen. Deshalb ist der Bedarf für das Dritte Gleis, sein verkehrlicher und volkswirtschaftlicher Nutzen, im „Investitionsgesetz Kohleregionen“ als Projekt Nr. 24 definiert.

Da das scheinbar dem Bundesverkehrsministerium nicht reicht, macht die Stadt Aachen eine neue gutachterliche Untersuchung nicht allein, sondern die IHK-Initiative Rheinland beauftragt diese federführend gemeinsam mit der Stadt und der Städteregion Aachen, mit go.Rheinland und weiteren Partnern.
Wie die Dreigleisigkeit dort beispielsweise aussehen könnte, und welchen Einfluss das auf die Kosten hätte, wird grob hier dargestellt.

Das krasse Ergebnis der heutigen gesetzlichen Regelung zur Kostenteilung sieht so aus:
Die Brücke über drei Gleise kostet 40% mehr an Gesamtkosten gegenüber einer Brücke über zwei Gleise.
Da aber der Bund und die DB die Notwendigkeit der Dreigleisigkeit aktuell nicht zugeben, wäre die Stadt Aachen der Veranlasser des Mehraufwandes, und müsste diesen komplett alleine tragen. Dann verdoppeln sich die Kosten auf Seiten der Stadt Aachen – weil sie sich vorausschauend für die Schiene stark macht!

Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren mehr Züge hier fahren müssen, u.a. wegen folgender Entwicklungen:
Dritte stündliche RE-Leistung im Deutschlandtakt, mit Durchbindung nach Lüttich (B)
Steigendes ICE-Angebot
Potentiell eurostar-Leistungen London-Köln
Zunehmende Containerverkehre aus den Häfen Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam
Strukturpolitisch wichtiges Vorhaben EUREGIO-Railport Stolberg

Vor diesem ganzen Hintergrund ist es für die Region ein klares Zeichen von „nicht gehört werden“, dass InfraGO den dreigleisigen Ausbauabschnitt der ABS4-Maßnahme von Rothe Erde bis kurz vor Eilendorf nun als Bauzustand mit Schlangenliniengleisen bis 2029 unverändert liegen lassen will, sie hat die Baumaßnahme schlicht abgebrochen, und dies heimlich, still und leise im TED am 28. 3.2024 veröffentlicht.
Bereits 2019 wurde mit dem Bundesverkehrsministerium eine Planungsvereinbarung zur Dreigleisigkeit auf dem Burtscheider Viadukt beschlossen.
Umso enttäuschender für die Region ist der plötzliche Rückzug des BMVI aus der Maßnahme, da angeblich die Umleitung von Containerverkehren über eine neu zu bauende „Rheydter Kurve“ (im Naturschutzgebiet!) die Strecke Aachen Köln so sehr entlasten würde, dass die Erweiterung des Burtscheider Viadukts nicht mehr nötig sei.

Bericht zu dem ärgerlichen Problem: Bahn hinterlässt Baustelle im Bauzustand bis 2029 (Beitrag beginnt bei 3:05).

Die Aktiven in Düren und Aachen erleben also bei der Eilendorfer Brücke ein Deja-vu. Denn auch in Düren hat die DB dem Straßenbauverantwortlichen „Straßen NRW“ gesagt, es gäbe keinen Bedarf, breiter zu bauen. Dazu hatten die Grünen Düren bereits mehrfach berichtet und auch in die bekannte Sendung Extra 3 des NDR berichtete dazu. Siehe auch hier. Straßen NRW und DB legen großen Wert auf die Feststellung, dass gesetzeskonform gehandelt wurde. Dies hat auch das Verkehrsministerium NRW bestätigt. Gesetzeskonform alleine ist aber nicht immer vernünftig!

Unsere daraus folgende Forderung ist, dass sowas bei zukünftigen Projekten in Deutschland nicht nochmals passieren darf.

Es muss eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die die Berücksichtigung von Planungen auch in einem sehr frühen Stadium (also noch vor Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens etc.) berücksichtig.

Es muss so möglich werden, vorausschauend „mit Reserve“ zu bauen, um Projekte zu ermöglichen, die schon intensiv gefordert, aber noch nicht konkret beschlossen sind.   
 

So lange es diese neuen Regeln noch nicht gibt, müssen im Zweifel immer die Minister von Land und Bund eine letzte Entscheidung zur Kostenübernahme für vorausschauende Planungen treffen.


Um den aktuellen Sachstand zu erfragen, wird die Geschäftsführung von Go.Rheinland nach der Sommerferien in den Ausschuss für Mobilität, Umwelt, Klimaschutz der Stadt Düren eingeladen.

Bilder mit Hansbert Schruff (Vorsitzender des Fahrgastverbandes IG Rurtalbahn) und Wilfried Fischer (Grüne Aachen) bei einem Ortstermin.