Energiewende in Langerwehe??? 30. Oktober 2011 | juergen.knorr Aus der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro vom Juni 1992 ist wohl jedem der Geist der Konferenz mit der These „global denken, lokal handeln“ geläufig. Was hat sich in diesen 20 Jahren seit 1992 bei uns in Langerwehe getan? Sicher wird man auf Umweltvereine, Bürgerinitiativen und private Initiativen verweisen können. Doch eine allgemeine Aufbruchstimmung, ein wirkliches Besinnen und ein Erkennen des Notwendigen kann man dies wohl nicht nennen. Einen neuen Ruck, ein Innehalten gab es nach der Katastrophe in Japan. Nunmehr scheint endlich in den meisten Köpfen die Erkenntnis angekommen zu sein, dass es mit dem „weiter wie bisher“ nicht weiter gehen kann. Nun ist es aber auch wieder leicht, die Verantwortung auf „die da oben“ zu schieben. Hier kann man ja im Kleinen nichts erreichen. Hier nun liegt der Irrtum. Nur mit Hilfe aller Bürger ist das hoch gesteckte Ziel der Energiewende (Minderung des Energieverbrauchs und Umstieg in erneuerbare Energien) zu schaffen. Wir dürfen uns als Kommune also als kleines Glied des Staates ruhig einmal auch auf unsere Pflichten nach dem Grundgesetz besinnen. Artikel 20a GG lautet: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen…“ Mit anderen Worten: Die Wiege der Energiewende ist die Kommune. Einsparung und Umstieg ist entgegen landläufiger Meinung kein technisches sondern ein soziales Problem. Die Technik ist schon lange so weit und wird sich auch in Zukunft weiter entwickeln. Klar muss nur jedem Bürger werden, dass er selbst im Kleinen viel mehr erreichen kann, als ihm zunächst bewusst ist. Ein Versäumnis ist darin zu erblicken, dass nicht alle Bürger mitgenommen werden. Viele sind nur in abgeschlossenen Kreisen tätig und es mangelt an offenen Gesprächen, Informationen oder auch an Interesse. Es ist müßig, nun nach einem Schuldigen zu suchen. Vielmehr sollte man seine Energie dazu verwenden, den Mangel abzustellen. Als ersten wichtigsten Schritt sollte man eine gemeinsame Basis finden, mit der sich jeder identifizieren kann. Da gibt es die Gemeindeverwaltung, die erwägt, einen Arbeitskreis Energie ins Leben zu rufen, da gibt es den Umweltverein, da gibt es Bürgervereine, die Photovoltaikanlagen betreiben, da gibt es die Zukunftswerkstatt, die ihre Ideen an den Mann bringen möchte, da gibt es die Dorfwerkstatt, in der sich viele interessierte Bürger zusammengefunden haben, da gibt es Handwerker, die im Energiebereich tätig sind, da gibt es fremde Investoren, die Geld verdienen wollen, da gibt es Schulen, Vereine, Kindergärten, für die Energie ein Thema ist, da gibt es Banken und Sparkassen, die finanzieren können und da gibt es auch den „kleinen Bürger“, der auch etwas für die Umwelt tun will oder auch nur an der Wertschöpfung teilhaben möchte. Warum nur ist jeder für sich tätig? Wäre es nicht sinnvoller, die Kräfte zu bündeln, sich gegenseitig zu befruchten, sich zu informieren? Denkbar wären da z.B. eine Seite auf der Homepage der Gemeinde und eine regelmäßige Rubrik im Mitteilungsblatt. Dort könnten sich die jeweiligen Gruppierungen darstellen, dort könnte ein Erfahrungsaustausch erfolgen. Warum gibt es nicht einen festen „Ansprechpartner Energie“ in der Gemeinde? Dieser sollte nicht nur mit einem Titel sondern auch mit genügend Arbeitszeit ausgestattet werden. Die Information von Rat, Ausschuss und Bürger sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Zu einfach würde es man sich machen, wenn man nur darauf wartet, dass man gefragt wird. Agieren und nicht reagieren sollte die Devise sein. Das sinnvolle Zusammenwirken wird wohl klarer, wenn es an konkreten Vorhaben verdeutlicht wird. Im Folgenden möchte ich daher an einigen Beispielen die Möglichkeiten kurz aufzeigen Beispiel Windenergie: Unstreitig dürfte sein, dass die Windenergie die kostengünstigste Energiequelle ist. Um aber ein Windrad zu bauen, ist es erst einmal erforderlich, den geeigneten Standort zu finden. Vom rechtlichen aus gesehen könnte im Außenbereich jedes Grundstück genommen werden, da diese Grundstücksflächen alle als im privilegierten Bereich liegend gesehen werden. Um aber eine ungeregelte Aufstellung zu vermeiden werden von der Gemeinde Vorrangflächen ausgewiesen. Mit dem Ausweis darf dann nur noch auf diesen Flächen ein Windrad errichtet werden. Wie wird nun die Fläche ausgesucht. Hier sind mehrere Schritte erforderlich. Zuerst gilt es eine Abgrenzung zu der Wohnbebauung, zu Autobahnen, Strommasten, Schutzgebieten etc. vorzunehmen. Danach ist die Windhöffigkeit, die Erschließung und die Anbindung an das Stromnetz zu untersuchen. Gibt es nun geeignete Flächen, ist ein Erwerb oder eine Pacht zu prüfen. Bereits hier ist ein Ausgleich der Interessen vorzunehmen. Mit Bekanntwerden der geeigneten Flächen wird sich der Wert des Grundstücks und damit der Pacht erhöhen. Sind nun mehrere Eigentümer vorhanden und gibt es angrenzende Parzellen, könnte durch willkürliches Verschieben des Standortes um nur wenige Meter ein anderer bevorteilt sein. Fair und sinnvoll ist daher eine Regelung, in der alle Beteiligten ihre Grundstücke einbringen und die Pachterträge nach Flächenanteilen aufteilen, gleich wo denn nun das Rad genau steht. Aber warum sollte nur der Grundstückseigentümer Pacht erhalten? Betroffen sind doch durchaus auch andere Anlieger. Mit einem angemessenen Entgelt könnten auch diese Bürger für ev. Beeinträchtigungen entschädigt werden. Einen geeigneten Schlüssel wird man sicher finden. Weiter wird dann zu prüfen sein, wer an der Anlage zu beteiligen ist und wem sowohl die Erträge als auch das Risiko zufließen. Grundsätzlich spricht vieles dafür, die Erträge, also die Wertschöpfung vor Ort zu belassen und die Anlage also nicht von fremden Investoren errichten zu lassen. Deren Interessen werden auf die Rendite beschränkt sein. Berechtigte Interessen der Anwohner könnten durchaus dann als zweitrangig gesehen werden. Werden dann Stückelungen von lediglich 1.000 € angeboten könnten sich auch Personen mit geringem Vermögen beteiligen. Durch eine Höchstbegrenzung auf 10.000 € oder 20.000 € könnte andererseits eine zu große Einflussnahme einzelner Personen verhindert werden. Die Finanzierung erfolgt bekanntlich zu einem großen Teil über Darlehen. Hier ist der Rat von Fachleuten aus dem Banken- oder Sparkassensektor gefragt. Beteiligt sich nun sogar eine Bank, so dürfte das für das Engagement der Bank bei der Finanzierung eher förderlich sein. Es zeigt sich also, dass bei der Entscheidung, ob ein Windrad aufgestellt wird, wo es aufgestellt wird, wer wie viel daran verdient, wer es finanziert etc. viele Aspekte zu würdigen sind und viele Personen betroffen werden. Es ist daher sinnvoll, so früh wie möglich offen und vollständig mit allen betroffnen Personen in Kontakt zu treten und eine gemeinsame einvernehmliche Lösung zu finden. Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass nach der Neufassung des Winderlasses ein Windrad wie jede andere gewerbliche Maßnahme behandelt wird und alle Emissionsvorschriften zu beachten sind. Der Erlass ist zu finden unter http://www.umwelt.nrw.de/klima/pdf/windenergie_erlass.pdf. Vergessen werden sollte im übrigen nicht, dass ein Windanlagenbetreiber auch Gewerbetreibender ist und eine nicht unbeachtliche Summe Gewerbesteuer für unsere Gemeinde bringen würde. Beispiel Photovoltaik: Photovoltaikanlagen sind bei uns in Langerwehe schon in einem großen Umfang zu finden. Das ist gut so. Hier kann sich schon der Eigentümer eines Einfamilienhauses als Unternehmer betätigen und zugleich die Energiebilanz verbessern. Wirtschaftlicher ist es, wenn nicht Kleinanlagen sondern größere Anlagen betrieben werden. Nun hat nicht jeder ein großes Dach und ev. scheut er auch das Risiko für eine ertragreiche Anlage. Große Dächer sind aber durchaus vorhanden. Insbesondere bei den gemeindlichen Gebäuden könnte ein geeignetes Angebot vorhanden sein. Es wäre also sinnvoll, ein Kataster der gemeindlichen Dächer aufzustellen und die Jeweiligen Flächen auf die Tauglichkeit zu prüfen. Neben der Größe der Fläche ist wichtig zu wissen, wie die Statik, die Ausrichtung, die Dachneigung, das Alter des Daches etc. ist. Wie bereits oben bei der Windkraft dargestellt wird die Gemeinde als Eigentümer dieser Dächer auch ihre Finanzen durch den Erhalt von Miete aufbessern können. Die Miete könnte dabei durchaus mit einem festen Prozentsatz an die Einspeisungsvergütung oder an die selbst verbrauchte Strommenge gekoppelt werden. Photovoltaikanlagen auf gemeindlichen Dächern sollten auch nur Bürgern unserer Gemeinde zur Verfügung gestellt werden. Diese Einschränkungsmöglichkeit wird nach den bisherigen Kenntnissen auch nicht ernsthaft bestritten. Als Bürgeranlagen bleibt auch hier die Wertschöpfung vor Ort. Beispiel Fernwärme und Kraftwärmekoppelung: Bei der Ausweisung von neuen Baugebieten, sei es für Wohnbebauung oder für Gewerbe, sollte da Thema Fernwärme ernsthaft diskutiert werden. Es ist ein Irrtum, wenn vorgetragen wird, das rechnet sich nur für größere Objekte. Ein weiter Irrtum ist, das eine längere Zuleitung zu nicht mehr vertretbaren Mehrkosten führt. Denn teuer ist nicht die Hauptleitung sondern die Verzweigung zu den einzelnen Abnahmestellen. Auch darf nicht vergessen werden, dass das Leitungssystem als Energiespeicher anzusehen ist. Im Bereich einer gewerblichen Erschließung kann das Angebot einer Fernwärme für mögliche Investoren durchaus interessant sein. Sparen sie doch durch Verzicht auf eine eigene Heizanlage und durch die nicht benötigte Wartung nicht unerhebliche Kosten. Dass ein Anschlusszwang durch entsprechend Entscheidung der Gemeinde tatsächlich und rechtlich möglich ist unbestritten. Wer nun Investor für ein derartiges Heizwerk sein könnte, wäre von Fall zu Fall zu entscheiden. Ähnliches gilt für den Betrieb von Kraftwärmeanlagen. Sie könnte auch in öffentlichen Gebäuden eingesetzt werden. Durch Vergabe an Investoren bräuchte man sich nicht um die Wartung und Effizienz zu kümmern. Dies wird schon der Investor aus Eigeninteresse tun. Beispiel Gebäudesanierung: Unstreitig ist, dass die meiste Energie für das Beheizen von Gebäuden verbraucht wird (wenn man den Verkehr außer Acht lässt). Obwohl man oft genug über effiziente Heizungspumpen, den hydraulischen Abgleich, über Solaranlagen etc. hört wird die Modernisierung hinten angestellt. Die alte Heizung läuft doch noch. Dass mit der alten Heizung Geld aus dem Fenster geschmissen wird, wird aber immer noch nicht so richtig wahrgenommen. Die gemeindlichen Gebäude wurden in den letzten Jahren zu einem großen Teil vorbildlich saniert. Aber auch wir haben noch die Gesamtschule und es wird große Kraftanstrengung benötigen, die Verschleuderung von Energie in diesem Gebäude zu stoppen. Wenn sich nun der Bürger nach Sparmaßnahmen erkundigen will oder er darauf hingewiesen werden soll, so ist schwer ein Ansprechpartner zu finden. Sicher bunte Werbebroschüren gibt es viele und genau so viele Versprechungen. Hier nun könnten auf der oben genannten Plattform Gemeindeverwaltung, Umweltverbände und ortsansässige Handwerker oder Energieberater ihr Fachwissen anbieten. Beispiel Kindergärten und Schulen: Die Sensibilisierung für die Umwelt sollte bereits in den Kindergärten und Schule beginnen. Dass diese Themen ev. auch für den einen oder anderen Erzieher oder Lehrer nicht das tägliche Brot sind, ist klar. Aber Wissenslücken kann man schließen. Es werden regelmäßig genügend Schulungen angeboten und Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt. Beispielhaft sei hier auf die Energieagentur NRW mit ihrem Bildugnsngebot spezielle für Kindergärten und Schulen hingewiesen (www.energieangentur.nrw.de). Die Reihe der Beispiele ließe sich noch fortsetzen. Es kann aber nicht Ziel dieses Beitrages sein, eine abschießende Darstellung der Möglichkeiten aufzustellen sondern er soll ledig als Einladung und als Denkanstoß verstanden werden. Die Energiewende in Langerwehe ist nicht eingeleitet mit dem Wechsel einer 60-Watt Glühbirne gegen eine Energiesparlampe oder mit dem Hinweis „Wir haben doch schon Windräder in Langerwehe und damit ist unser Pflicht erfüllt“. Hier sind vielmehr ein stetiges Überdenken und eine aktive Beteiligung unter Einbezug aller Bürger von Langerwehe erforderlich. Also lasst uns gemeinsam diese Aufgabe anpacken.