Haushaltsrede von Astrid Hohn in Kreuzau 20. Dezember 2019 | Lars Himmler Sehr geehrter Herr Bürgermeister Eßer, sehr geehrte Ratsmitglieder, sehr geehrte Verwaltung, sehr geehrte Gäste, sehr geehrte Presse! Zunächst möchte ich mich im Namen der Grünen Fraktion für die gute und professionelle Arbeit seitens der Verwaltung bedanken. Sie hat wieder einen umfangreichen und in sich schlüssigen Haushaltsplanentwurf vorgelegt. Um es vorweg zusagen: Wir werden diesem Haushalt zustimmen. Im Vorfeld gab es zahlreiche gute Kompromisse zwischen den Fraktionen, bei denen auch unsere Grünen haushaltsbezogenen Anträge berücksichtigt wurden. Besonders freue ich mich natürlich, dass 10.000 € für ein Konzept eingestellt wurden, das die Verwaltung mit Blick auf E-Mobilität und CO2-Reduktion für Kreuzau erstellen soll. Dies ist ein kleiner, aber wichtiger Anfang. Ich teile keineswegs die Meinung, die ein Kreuzauer Bürger Anfang Dezember in einem Leserbrief äußerte. Er sagte nämlich, Kreuzau habe seine Attraktivität schon lange verloren. Das sehe ich nicht so. Auch wenn es stimmt, dass Kreuzau ein paar schlimme Achillesfersen hat, für die es einfach keine gute Lösung findet, – damit meine ich die Belastungen durch Verkehr und Papierindustrie – : Ich lebe sehr gerne in Kreuzau und ich denke, mit dem großzügig angelegten Masterplan sind wir auf einem guten Weg, die Attraktivität von Kreuzau vorwärtszutragen. Wir dürfen dabei aber die kleinen Kreuzauer Ortschaften nicht aus den Augen verlieren. Aber ich muss Ihnen gestehen: Es geht mir nicht schnell genug mit dem Umwelt- und Klimaschutz hier in Kreuzau! Vielmehr: Ich bin enttäuscht! Enttäuscht darüber, dass dieser Rat es tatsächlich im Sommer fertiggebracht hat, in ein und derselben Sitzung die Klimanotlage auch für Kreuzau anzuerkennen und gleichzeitig sowohl unseren grünen Antrag auf Erlass einer Baumschutzsatzung abzulehnen sowie unseren Grünen Antrag, das Ausbringen von Gülle und anderen Ackergiften (Glyphosat, Neonikotinoide, Insektizide) auf gemeindeeigenen (!) Flächen zu verbieten. Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren: „Geht es noch schräger?“ Diese beiden Anträge waren keine Grünen Spinnereien, die man nur geschickt abbügeln muss und dann ist das lästige Thema wieder für eine Zeit vom Tisch! Nein! Diese Anträge waren wesentlich! Wesentlich deshalb, weil kein Tag mehr vergeht, ohne dass neue Hiobsbotschaften bezüglich unseres Klimas veröffentlicht werden. Ich erwähne nur ein paar Schlagworte wie Erderwärmung, Nitrat im Grundwasser, Waldsterben, fehlender Sauerstoff im Meer… Zu meiner Enttäuschung kommt auch noch Entsetzen hinzu: Entsetzen darüber, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU gegen unseren Antrag argumentierte, Kreuzau habe kein Nitratproblem, warum wir uns denn so verhalten sollten, als hätten wir eins? Dabei stimmt das gar nicht! Kreuzau hat ein Nitratproblem. Schauen Sie sich nur mal die Nitratbelastungskarte des Landes NRW an und schauen Sie, wie rot weite Teile von Kreuzau darin gemalt sind! Gerne können Sie den Bürgerinnen und Bürgern hinterher erklären, warum die Wassergeldpreise drastisch in die Höhe gehen. Den Dreck kriegt man ja kaum noch aus dem Wasser raus! Dieses Verhalten, sehr geehrter Herr Dr. Nolten, das ist Klientelpolitik, und die kann sich unser Klima nicht mehr leisten! Und auch Deutschland kann sich das nicht mehr leisten: Deutschland drohen tägliche Strafzahlungen von 800.000 €, wenn es sein Nitratproblem nicht in den Griff bekommt. Was könnte man mit diesem schönen Geld alles machen? Vielleicht Klimaschutz betreiben? Ich kann die Proteste der Bauern, die sich in ihrer Existenz bedroht sehen, verstehen. Sie sind zusammen mit Klima, Umwelt und Natur und allen anderen Menschen die Gelackmeierten einer völlig verfehlten Agrarpolitik. Aber: Da helfen keine Mahnfeuer und Sätze wie: Erst sollen die anderen sich mal an die eigene Nase packen und die Landwirte in Ruhe lassen! Ich fasse es einfach nicht, dass die Landwirte so weitermachen wollen, wie bisher. Denn ihre Notsituation resultiert doch aus diesem kranken System! Ihre Sorgen und Nöte werden sich doch erst dann ändern, wenn sich das System ändert, wenn dieser kranke Kram endlich aufhört! Wir brauchen eine Agrarwende und zwar hin zu einer naturverträglichen Landwirtschaft und Tierzucht unter Verzicht auf ein Übermaß an Gülle und unter Verzicht auf Ackergifte aller Art. Und das ist das, wofür wir Grünen schon seit 40 Jahren kämpfen. Und das wäre übrigens ein System, das Landwirte nicht in eine solche Notlage treiben würde. Und weil wir den Knall vernommen haben, und weil wir wissen, dass wir nicht mehr so weitermachen dürfen, wie bisher: Deshalb haben wir Grünen diese Anträge (Baumschutz und Gülle- bzw. Pestizidverbot) eingebracht. Und ich würde mir wünschen, dass auch die anderen politischen Parteien, die sich bei Amtsantritt verpflichtet haben, sich für das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger einzusetzen, diesen Knall auch gehört hätten und nicht nur wirtschaftliche Einzelinteressen, sondern das Wohlergehen aller im Auge behalten würden. Denn Klima trifft alle und Klima geht uns alle an. Das ist kein grüner Firlefanz, sondern Fürsorge für zukünftige Generationen. Und der sollten Sie sich alle anschließen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ausblick: Apropos Gemeinwohl: Wir Grüne werden dem Bebauungsplan „Kreuzau-Süd“ demnächst nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass dort für kinderreiche Familien und auch für Menschen, die mit kleinem Geld auskommen müssen, genügend Wohnraum geschaffen wird. Das bedeutet auch: Mietshäuser mit drei Etagen!