Kommentar von Oliver Krischer (MdB) zu den Ergebnissen der Kohlekommission 18. Mai 20198. März 2024 | Sebastian Steininger (Grüne Jülich) Nach Jahren des klimapolitischen Stillstands der Bundesregierung hat die Kohlekommission Ende Januar einen Abschlussbericht vorgelegt, mit dem Deutschland endlich wieder ein positives Zeichen bei Klimaschutz setzt. Auch wenn der Kompromiss im Hinblick auf die Ziele des Pariser Klimaabkommen unzureichend ist, es ist der Einstieg in den seit langem überfälligen Kohleausstieg. Wozu die Koalition aus Union und SPD seit Jahren nicht in der Lage ist, haben 28 Vertreter*innen ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen nach monatelangem Ringen letztendlich geschafft: Sie haben einen Pfad zur Beendigung der Kohleverstromung beschrieben. Angesichts des Spektrums der beteiligten Gruppen ist das eine nicht zu unterschätzende Leistung aller Beteiligten. Damit entfaltet der Bericht eine hohe Bindungswirkung für alle politischen Ebenen, die jetzt an seiner Umsetzung arbeiten müssen. Und genau darum muss es jetzt gehen: Wir können es uns nicht leisten, weitere Jahre bei der Bekämpfung der Klimakrise zu verlieren. Deshalb muss die Bundesregierung die Umsetzung jetzt angehen und die notwendigen Gesetze dem Bundestag zur Beschlussfassung vorlegen. Die Menschen in den Revieren erwarten zurecht eine tragfähige Perspektive für die Zeit nach der Kohle. Neue Jobs und Weiterbildungsangebote für die in der Kohleindustrie Beschäftigte sind dazu ebenso erforderlich wie der Ausbau der Infrastruktur. Parallel muss die von der Kommission empfohlene Sofort-Abschaltung von 3 Gigawatt (GW) Braun- und rund 4 GW Steinkohlekapazitäten angegangen werden. Das ermöglicht nicht nur eine kurzfristige Senkung der CO2-Emissionen der ältesten Kraftwerke vor allem im Rheinland. Dadurch können auch die Abbauflachen der Braunkohletagebau Hambach und Garzweiler erheblich reduziert und der Hambacher Wald erhalten werden, wie es die Kommission empfiehlt und die weitere Umsiedlung von Dörfern hoffentlich vermieden werden. Zwar legt die Kommission für das Jahr 2030 einen Zwischen-Zielpunkt fest, doch es fehlt in dem Bericht ein Abschaltplan für die Jahre 2023 bis 2030. Den muss die Bundesregierung nun erarbeiten, damit das Klimaschutzziel 2030 erreicht und nicht wie das für 2020 wieder krachend verfehlt wird. Natürlich ist das Enddatum 2038 für das Abschalten des letzten Kraftwerks zu spät, auch wenn der Kommissionsbericht ausdrücklich vorsieht, es auf 2035 vorzuziehen. Dafür sind die eingebauten Überprüfungen („Revisionsklauseln“) wichtig: Wenn Deutschland nicht auf dem Pfad zum Erreichen der Klimaschutzziele ist, muss nachgebessert werden. Klar ist: Bauen wir die erneuerbaren Energien im erforderlichen Tempo oder wie in der Vergangenheit sogar schneller aus und geben CO2 endlich einen adäquaten Preis, kann Deutschland auch schneller aus der Kohle aussteigen. Die Bundesregierung hat der Kommission vorgegeben, die Abschaltung nur im Konsens mit den Betreibern durchzuführen. Das führt natürlich zu Entschädigungszahlungen für jahrzehntealte Kraftwerke, die längst abgeschrieben sind. Verpflichtend sind solche Zahlungen nicht, wie das Bundesverfassungsgericht erst vor zwei Jahren durch eine Klage der Energiekonzerne selbst gegen den Atomausstieg urteilte. Entschädigungen sind also Geschenke an die Konzerne auf Kosten der Steuerzahler, die die Bundesregierung auch politisch verantworten muss. Den Beschäftigten oder gar dem Strukturwandel in den Kohleregionen nutzen solche Zahlungen übrigens nichts, denn die Erfahrung zeigt, dass solche Mittel in den Konzernen versickern. Die Industrie soll eine Kompensation für eventuell durch den Kohleausstieg steigende Strompreise bekommen. Insgesamt 2 Mrd. Euro werden als Größenordnung genannt. Im Jahr 2023 wird geprüft, ob und ggf. in welcher Höhe die Kompensation wirklich kommen muss. Die Bundesregierung hat es in der Hand, denn durch einen konsequenten Ausbau der Erneuerbaren können die Preise sogar leicht sinken. Strom aus Sonne und Wind sind eben längst zu den Billigmachern der Energiewende geworden. Die Bundesregierung ist am Zug Eines steht fest: Aus klimapolitischer Sicht sind die Ergebnisse der Kohlekommission seit Jahren der erste Lichtblick. Darüber hinaus ist weit und breit kein Fortschritt absehbar. Im Gegenteil: Im Verkehrsbereich hat die Bundesregierung bisher keinerlei Vorstellung erkennen lassen, wie sie die Klimaschutzziele erreichen will. Die Vorschläge einer Expertenkommission hat der Verkehrsminister rundweg abgelehnt, ebenso ein Tempolimit auf Autobahnen. Zu allem Überfluss ist durch die Politik des Wirtschaftsministers der Ausbau der Erneuerbaren Energien völlig eingebrochen. CDU/ CSU schalten zunehmend beim Klimaschutzgesetz auf stur. Schwer vorstellbar, dass das jüngst installierte Klima-Kabinett den Karren wieder aus dem Dreck ziehen wird. Der Druck wächst Schon jetzt ist klar, dass die Große Koalition die EU-rechtlich verbindlichen Minderungsziele für CO2 im Verkehrs- und Wärmesektor für 2020 deutlich reißen wird. Ohne Kurswechsel ist auch die Vorgabe bis 2030 unerreichbar. Für die SteuerzahlerInnen wird das teuer. Der Ankauf von neuen Emissionsrechten wird bis 2030 bis zu 60 Milliarden Euro kosten. Unterlassener Klimaschutz geht aber vor allem zu Lasten künftiger Generationen. Es ist daher richtig und nur zu verständlich, dass jeden Freitag tausende Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen und für ernsthaften Klimaschutz streiken. Dieser Regierung muss man Beine machen, denn beim Menschheitsthema Klimaschutz versagt sie völlig.