Von Büchern und Parkplätzen 11. September 2010 | andikrischer Mein Lieblings-Thema wird von Heinz Herten (Vorsitzender der IV Pro Langerwehe) in einem Interview mit den Aachener Nachrichten aufgegriffen (11.9.2010, S.17): Warum gibt es in Langerwehe keinen Bücherladen? Ich selbst wünsche mir neben einem guten Café bekanntlich sehr einen Buchladen in Langerwehe, idealerweise auch eine Kombination aus beidem: Ein gemütliches Büchercafé (in dem es auch mal ein Glas Wein gibt…). Herr Herten wird nun gefragt: Warum gelingt es nicht … einen Buchladen nach Langerwehe zu holen? In Kreuzau scheint das kein Problem zu sein. Herten: Kreuzau hat einen sehr komfortablen Ortskern, was das Parken angeht. An der Hauptstraße bei uns sind nur 10 Parkplätze, da ist es schwer, einen zu bekommen. […] Ich finde, das ist ein guter Ausgangspunkt, um die Diskussion zu eröffnen, was man sich unter einem attraktiven Ortskern vorstellt. Dabei werden die Meinungen schnell auseinandergehen und es geht mir an dieser Stelle nicht um Streit, sondern um das Diskutieren – insbesondere, wenn man sich fragt, wie Langerwehe in 40 Jahren (im Jahr 2050) aussehen soll. Ich selber bin ein Freund ruhiger Innenstädte: Fußgängerzonen, die zum schlendern und Verweilen einladen, mit (Eis-)Cafés und ausgefallen Geschäften sind mir erheblich attraktiver als Durchgangsstraßen, auf denen man nur das Tagesgeschäft erledigt. Dabei möchte ich an dieser Stelle daran erinnern, dass heute schon viele vom Tourismus träumen, der 2050 – wenn vielleicht ein See vor Langerwehe liegt – ein wesentlicher wirtschaftlicher Baustein in Langerwehe sein soll. Um es hart zu formulieren: Ich habe erhebliche Bedenken, dass Touristen in 40 Jahren vom See zu uns ins Dorfen kommen, weil wir viele Parkplätze und gute Fleischwurst haben. Da muss man schon ein wenig mehr bieten. Aber erst einmal zum grundsätzlichen Thema: Helfen Parkplätze auf der Hauptstrasse um einen Buchladen in Langerwehe anzusiedeln? Ich habe da erhebliche Bedenken, wenn ich auf die Lage vor Ort blicke. Der Teil von Käufern, die in einem Buchladen wirklich Bücher bestellen bzw. direkt kaufen, dürfte in Zeiten von Amazon eher gering sein. Ein Buchladen in Langerwehe wird erst einmal darauf hoffen, durch die Schule Stammbestellungen zu sichern und damit die Existenz aufrecht erhalten zu können. Und darüber hinaus? Ich glaube kaum, dass man da in Zeiten von Amazon wirklich noch von Bedarfs-Käufern oder Laufkundschaft leben kann, vielmehr werden es „Liebhaber“ sein und Menschen, die man mit einer Kombination aus Buch und Kaffee anlocken kann, die zusätzlich Einnahmen versprechen. Ich sehe da nirgendwo Parkplätze direkt vor der Türe als grossen Faktor. Bestätigt sehe ich mich dadurch, dass ich keine Buchhandlung im Umkreis kenne, die Parkplätze in der Nähe anbietet: Thalia in Düren, Mayersche in Aachen und Köln, Bouvier in Bonn – nirgendwo parkt man in der Nähe. Scheitert der Buchladen in Langerwehe an fehlenden Parkplätzen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Womit ich zum zweiten Teil komme: Was ist attraktiv? Ist eine Durchgangsstraße, auf der minütlich Autos durchbrausen wirklich attraktiv, um hier zu seinen 2-3 Geschäften zu laufen (am Ende fährt man nicht vom Metzger die 20 Meter bis zum Bäcker)? Wer so denkt, der fährt gar nicht mehr ins Dorf, sondern direkt ins Einkaufszentrum, wo man einmal rein geht, alles bekommt was man braucht, und geht dann wieder. Ich selber bin ein grosser Freund von Fussgängerzonen – sehe aber in kleinen Gemeinden (wie Langerwehe) das Problem, dass die Deckung des täglichen Bedarfs in einer solchen Zone schnell nervig und anstrengend ist. Das führt mich zu einer Schere in der Betrachtung: Einmal haben wir hier uns, als Einwohner, die ihre Bedürfnisse befriedigt sehen möchten. Andererseits möchten wir etwas für Touristen bieten und diese Anlocken. Das sind zwei sehr gegensätzliche Pole: Ersteres ist Alltag, hier geht es um Zeit sparen und Effektivität. Letzteres macht nur Sinn, wenn es eben nicht schnell geht, wenn die Touristen Zeit verbrauchen und hier auch verweilen. Ob und wie diese Schere zu lösen ist, wird man klären müssen. Das Motto „Durchgangsstraße mit vielen Parkplätzen“ erscheint mir aber kritisch. Als Vision, als Traum, glaube ich wäre es in einigen Jahrzehnten etwas Besonderes – und etwas Besonderes muss man bieten wenn man an Touristen denkt – wenn wir unser Image ausbauen. Und dabei geht es vor allem um die Attribute „Voreifel“ und „Töpfergemeinde“. Ich denke dabei z.B. an eine Fußgängerzone, nicht unbedingt auf der jetzigen Hauptstrasse, in der sich (im alten Flair) Geschäfte aneinanderreihen, die „Eifel-Produkte“ anbieten. Vom handgemachten Käse, über besonderen Senf bis hin zur (Bio-)Metzgerei, Wein und dem Deko-Laden. Dazwischen, in der Nähe zum Wehebach, gibt es Kaffee, Ruhe und rustikale Speisen. Mittendrin (natürlich) das Thema „Töpfern“. Ist das möglich? Ich denke, man kann es zumindest nicht ausschliessen und es wäre ein Möglichkeit, um sich als Gemeinde (die mit ihrem Ortskern eben nicht unmittelbar am See liegt!) ein wenig hervorzuheben. Dabei müssen wir uns auch fragen, ob wir nur „Übernachtungsziel“ sein wollen oder auch eine eigene Angebotspalette bereit halten möchten. Potential sehe ich genug, z.B indem man den Wehebach stärker ins Ortsbild integriert und Ruhezonen an diesem schafft. Das alles kostet viel Zeit und Geld, aber: Wenn wir über das Jahr 2050 sprechen, haben wir zumindest einiges an Zeit. Also: An der Möglichkeit zweifle ich nicht. Ich habe nur meine Sorgen, ob solche Visionen wirklich möglich sind, wenn man sich weiter darüber unterhält, ob man das Zentrum mit Parkplätzen auf der Hauptstrasse aufwertet. Die Frage ist am Ende, ob wir als Gemeinde den Mut zu einer solch gewagten Entwicklung haben, oder ob wir eine Gemeinde unter vielen sein wollen. Ich freue mich auf die Diskussion, die hoffentlich auch ein Ziel hat.